Von der Rebe in die Flasche

Gastartikel von Christina Wespi, www.weinweib.ch

Eine Önologin hat mir einmal gesagt, dass es sehr viel einfacher ist, eine Flasche Wein zu öffnen und zu trinken als Wein herzustellen. Für uns Weingeniesser ist meistens wichtig woher er kommt und welche Traubensorten darin enthalten sind.

Guter Wein wird auf dem Rebberg hergestellt, nicht erst im Keller. Ein Rebberg ist wie ein Garten, wenn er gehegt und gepflegt wird, erhält man ein top Resultat am Ende der Saison.

Im Rebberg

Das Jahr im Rebberg beginnt im kalten Monat Februar und endet mit der Lese im Herbst. Im Februar ist die Erde kalt und z.T. gefroren und die Reben sind im Winterschlaf. Die perfekte Zeit um sie zurückzuschneiden und auf ein gesundes Wachstum vorzubereiten. Im April/Mai, wenn die Reben «weinen», weiss der Winzer, dass diese bereit sind zu wachsen und die Pflanzen soweit gesund sind. Mitte/Ende April fangen die Blätter an zu spriessen und wenn die Temperatur passt, blüht die Rebe. Ist die Blüte beendet, wird eine sogenannte «grüne Ernte» gemacht. Sämtliche falsch positionierten oder kümmerlichen Fruchtstöcke werden entfernt und nur eine bestimmte Anzahl gelassen, um eine hohe Qualität zu garantieren.

©Christina Wespi

Durch die gesamte Wachstums- und Reifungsphase muss der Boden zwischen den Rebstöcken regelmässig bearbeitet und die Reben behandelt werden. Der einzige Monat in welchem (normalerweise) nichts im Rebberg getan werden muss, ist der August.

Im Herbst sind die Trauben reif für die Lese, wenn der Säuregehalt niedrig und der Zuckergehalt hoch genug ist um eine reibungslose Fermentation zu gewährleisten. Dann werden die Trauben sorgfältig gelesen und anschliessend sofort in den Weinkeller gebracht. Dort wird alles für die beiden Fermentationen vorbereitet.

Die Fermentation

Jetzt geht die Arbeit für die Kellercrew los! Im ersten Fermentationskeller werden die Trauben in die Abbeermaschine gegeben, dort werden die Trauben von den Stielen getrennt. Die Trauben werden durch einen Schlauch in die Fermentationstanks geleitet, wo sofort die Gärung einsetzt. Diese Tanks sind aus doppelwandigem Stahl, temperaturkontrolliert und werden ausschliesslich für die erste Fermentation benützt. Die optimale Fermentationstemperatur für Rotwein ist 25° – 28° C und dauert ca. 8 – 10 Tage.

In dieser Zeit wird Zucker in Alkohol umgewandelt, der Wein erhält seine Farbe, Aromen, Polyphenole und Tannine (Gerbsäure). Die Farbe, Aromen, Polyphenole und ein Teil der Tannine entstammen aus der Traubenhaut, Zucker und Most aus dem Fruchtfleisch und weitere Tannine aus den Kernen. Sobald die Fermentation beendet ist, wird die Maische vom Most getrennt, leicht gepresst um auch sämtliche Stoffe im Wein zu haben und in andere Stahltanks gefüllt, die jetzt aber deutlich grösser sind und für die malolaktische Fermentation benutzt werden.

©Christina Wespi

Wir haben jetzt einen roten alkoholhaltigen Saft, der aber mit Wein – so wie wir ihn kennen – noch nicht viel gemeinsam hat. Wir müssen die zweite Fermentation (malolaktische Fermentation) abwarten. Diese beginnt unmittelbar nach Umfüllung und macht, dass Wein verdaulich wird. Vorher ist der Säuregehalt fast so hoch wie in Essig. In der zweiten Fermentation wird durch Milchbakterien (die während der ersten Fermentation entstanden sind) aggressive Apfelsäure in weniger aggressive Milchsäure umgewandelt. Ist dieser Prozess vorüber (nach ca. 2 Monaten) kann der Wein entweder in den gleichen Stahltanks weiter ausgebaut werden oder wird in grosse Eichenfässer oder kleine Barrique umgefüllt. Je nach dem was der Winzer produzieren will oder welchem Disziplinar er angehört.

Vor der Ernte und während den Fermentationen werden ständig Laborproben genommen um den Verlauf des Alkohol- und Säuregehalts, Farbe, flüchtige Säure, PH und Sulfate zu bestimmen. Unerlässliche Massnahmen um dem noch jungen Saft optimale Startbedingungen zu geben, damit später ein grossartiger Wein entsteht.

Der Ausbau

Der Winzer und/oder Kellermeister zusammen mit dem Önologen definieren, welcher Wein wie ausgebaut wird. Viele Faktoren tragen zu diesen Entscheidungen bei und es wird immer darauf geachtet, wie das Endprodukt schmecken soll. Es gibt Weingüter, welche ihre Weine in Stahltanks und Barrique ausbauen, andere nur in Eichenfässern und Barrique aber auch in allen drei Varianten. Jede Ausbauart hat spezielle Eigenschaften und diese zu kombinieren ist eine der tollsten Möglichkeiten, als Winzer seinem Wein die ganz persönliche Note zu geben.

©Christina Wespi

Nachdem der Wein so lange ausgebaut wurde, wie es der Winzer entschieden hat, wird der Wein grob gefiltert (manchmal auch nicht, dann wird das immer betont) und in Flaschen abgefüllt. Je nach dem kommt er dann unmittelbar in den Verkauf oder wird noch über weitere Monate – manchmal Jahre – in der Flasche gelagert, bevor er auf den Markt kommt.

Dann dürfen wir ihn kaufen und uns auf eine wunderbare und genussvolle Reise mitnehmen lassen. Eine Reise, die uns Bilder, Erinnerungen und hoffentlich nur schöne Momente beschert.

Herzlich, Christina – WeinWeib

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