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Friedrich Dürrenmatt und Frankreichs exquisite Weine

Die Panne von Friedrich Dürrenmatt

Friedrich Dürrenmatt (1921-1990) ist neben Max Frisch der zweite bedeutende Schweizer Schriftsteller der Nachkriegszeit. Der Dramatiker verfasste weltberühmte Theaterstücke wie Der Besuch der alten Dame oder Die Physiker und machte sich mit Der Richter und sein Henker einen Namen als Autor für Kriminalbücher, deren traditionelle Konventionen Dürrenmatt aber zu durchbrechen suchte, wie ihm das in Das Versprechen besonders gelang.

Für unser Interesse, die Dürrenmatts Weinaffinität aufzuspüren, ist die kurze Erzählung Die Panne von 1956 ideal. Denn darin spielen sich dionysische Szenerien ab. Nachdem der Textilvertreter Alfredo Traps wegen einer Autopanne in einem kleinen Dorf landet und kein freies Hotelzimmer zum Übernachten findet, bietet ihm ein pensionierter Richter in seinem Haus ein Zimmer an.

Der Gastgeber lädt Traps sogleich zu einem üppigen Abendessen ein, an dem seine pensionierten Freunde teilnehmen werden: ein ehemaliger Staatsanwalt, ein ehemaliger Verteidiger und ein ehemaliger Henker. Zur Überraschung Traps bringt der Abend keine endlose Langweilige mit sich. Denn die alten Herren schlüpfen in die Rollen ihrer ehemaligen Berufe und spielen einen fiktiven Prozess. Traps übernimmt die Rolle des Angeklagten.

Friedrich Dürrenmatt (rechts) im Gespräch mit Max Frisch (links) in der Kronenhalle Zürich 1961.

Die besten Weine Frankreichs

Im Laufe dieses Spiels und des Festmahls erfährt der Leser allerhand über die besten Namen französischer Weine. Zuerst entkorkt die Gesellschaft einen Réserve des Maréchaux. Dann folgen zwei Bordeaux-Weine: Pichon-Longueville 1933 aus dem Weinbaugebiet Pauillac und Château Pavie 1921 aus Saint Émilion.

Der Höhepunkt bildet ein Château Margaux aus dem gleichnamigen Weingebiet: „Alle starrten auf den Richter, der die verstaubte Flasche (Jahrgang 1914) vorsichtig und umständlich zu entkorken begann, mit einem sonderbaren, altertümlichen Zapfenzieher, der es ihm ermöglichte, den Zapfen aus der liegenden Flasche zu ziehen, ohne sie aus dem Körbchen zu nehmen, eine Prozedur, die unter atemloser Spannung erfolgte, galt es doch, den Zapfen möglichst unbeschädigt zu lassen, war er doch der einzige Beweis, dass die Flasche wirklich aus dem Jahre 1914 stammte, da die vier Jahrzehnte die Etikette längst vernichtet hatte.“

Anlass für diesen berühmten Bordeaux-Wein aus dem Weingut Château Margaux war die Aufdeckung eines Mordes im Laufe des inszenierten Prozesses gegen den Textilvertreter Traps. Doch wurde wirklich nur gespielt? Denn Traps ist von seiner Schuld überzeugt. Der Wein war aber jedenfalls echt!

In unserem Zyklus zur Schweizer Literatur veröffentlichen wir Artikel über die Wein-Affinität ausgewählter Schriftsteller aus der Schweiz.

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